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Workshop 1.3 Gesellschaft, Ethik und Recht

Aufklärung und Einwilligung bei Patienten mit psychischen Erkrankungen

Prof. Dr. Dr. Jochen Vollmann, Bochum

Neben der ärztlichen Verpflichtung zum Wohl des Kranken zu handeln, kommt der Selbstbestimmung des Patienten in der Medizin zunehmend Bedeutung zu. Aus dem medizinethischen Prinzip des Respekts vor der Autonomie des Kranken erwächst die Verpflichtung des Arztes zum Einholen der Einwilligung des Patienten nach individueller Aufklärung (Informed Consent). Hierbei ist es erforderlich, dass der Patient die notwendigen Informationen nicht nur erhält, sondern auch versteht und auf seine persönliche Krankheitssituation anwenden kann.

In der klinischen Praxis sowie in Forschungsuntersuchungen kann diese Einwilligungsfähigkeit durch verschiedene Faktoren eingeschränkt oder aufgehoben sein. Hierzu zählen psychische Erkrankung, wie z.B. Demenz, Schizophrenie, schwere Depression und Suchterkrankungen. Auf der anderen Seite kann aus dem Vorliegen einer psychischen Störung nicht auf die Einwilligungsunfähigkeit eines Patienten geschlossen werden. Hieraus folgt die hohe ethisch-rechtliche wie klinische Bedeutung einer sicheren Feststellung der Einwilligungsfähigkeit im Einzelfall.

Da hiervon ganz wesentlich die ethisch zu schützende Selbstbestimmungsfähigkeit des Patienten abhängt, reichen rein subjektive Einschätzungen „aus klinischer Erfahrung“ nicht auch. Im Vortrag werden Methoden und Ergebnisse der Feststellung von Einwilligungsfähigkeit referiert und daraus resultierende ethische Probleme diskutiert.

Die PsychKG-Reform NRW

Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Köln

Die Gesetze der Länder über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKGs) regeln die Bedingungen, worunter Menschen mit psychischen Störungen in akuten Gefahrsituationen gegen ihren natürlichen Willen in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und ggf. auch behandelt werden dürfen. Voraussetzung für eine Unterbringung und ggf. noch weitere freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) ist, dass im Rahmen der psychischen Störung eine unmittelbare, schwerwiegende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Betroffenen selbst oder für bedeutende Rechtsgüter Anderer besteht. Die PsychKGs stehen grundsätzlich immer im Spannungsfeld zwischen dem Respekt für die Patientenautonomie und Selbstbestimmung und den Erfordernissen für temporäre Begrenzungen dieser Rechte mit dem Ziel Schaden von den Betroffenen und An-deren abzuwenden und die Selbstbestimmungsfähigkeit der Betroffenen wiederherzustellen. Eine Novellierung der PsychKGs mit Stärkung der Aspekte der Patientenautonomie und Selbstbestimmung wurde in den letzten Jahren unter Beachtung der UN-BRK erforderlich.

Die Novellierung des PsychKG NRW erfolge in einem trialogischen Prozess unter breiter Beteiligung von Fachverbänden und Organisationen von Angehörigen und Betroffenen. In diesem Beitrag zum Workshop werden wichtige Änderungen im Gesetz und Positionen seitens der Verbände und Organisationen dargestellt und erläutert. Dabei wird das Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung und Freiheitsbegrenzung in der Psychiatrie beispielhaft beleuchtet.

UN-Behindertenrechtskonvention – Menschenrechte und psychische Erkrankungen

Prof. Dr. Dr. Andreas Heinz, Berlin

Im Rahmen der UN-Behindertenrechtskonvention werden die Menschenrechte psychisch erkrankter Personen wesentlich gestärkt. Als Ziel wird die Inklusion benannt, was die Bereitschaft der Gesellschaft voraussetzt, sich mit Barrieren auseinander zu setzen, die zur Ausschließung von Menschen mit Behinderungen führen. Psychische Erkrankung fällt hier unter den Schutz der Behindertenrechtskonvention, da sie bei chronischem Bestehen mit Behinderungen verbunden ist. Eine intensive Diskussion hat sich um die Fragen der Behandlung ohne aktuelles Einverständnis betroffener Personen (z.B. bei bewusstlosen Menschen) und gegen den aktuell geäußerten Willen der Betroffenen (z.B. im Rahmen einer Suizidalität bei Depression mit Schuldwahn) ergeben. Hier stellen sich weitreichende Fragen nach der Berechtigung möglicher Interventionen bei vorliegend akut lebensbedrohlicher Erkrankungen und Selbst- oder Fremdgefährdung, die unter anderem zwischen der Amerikanischen Psychiatrie-Vereinigung (APA) und dem UN-Sonderberichterstatter (Herrn Mendez) zur Folter auch schriftlich vorliegen. Für die psychiatrische Praxis ergibt sich die Notwendigkeit, die diesbezüglichen Gesetze und Vorschriften kritisch zu prüfen.

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