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Plenarvorträge zur Eröffnung

Entwicklung und Perspektiven der Psychiatrie als therapeutisches Fach

Prof. Dr. Joachim Klosterkötter, Köln

Die Psychiatrie als medizinisches Fachgebiet wird durch zwei zentrale Zielsetzungen, die der Diagnostik und die der Therapie psychischer Erkrankungen, bestimmt. Die Diagnostik und ihre fortlaufende Optimierung durch die Fortschritte der Grundlagenforschung stellen jedoch keinen Selbstzweck dar, sondern dienen der immer gezielteren und besser überprüfbaren Entwicklung störungsspezifischer Therapien. Der Erfolg des Fachs hängt deshalb davon ab, ob und inwieweit es sich als therapeutische Disziplin begreift und auf eine Fortentwicklung von Behandlungsmöglichkeiten verweisen kann.

Europaweit leidet inzwischen jedes Jahr mehr als ein Drittel der Bevölkerung unter Depressionen, Angststörungen, Abhängigkeitserkrankungen, psychotischen Störungen, dementiellen Entwicklungen und anderen psychischen Erkrankungen. Der hierdurch bewirkte Belastungsdruck für die Betroffenen, ihre Bezugspersonen und die Gesellschaft insgesamt ist allein für sich genommen schon sehr ausgeprägt und wird durch die Risikoerhöhung, die etwa Depressionen auch für kardiovaskuläre Erkrankungen mit sich bringen, noch erschwert. Aufgrund der oft schon im frühen Erwachsenenalter einsetzenden und über lange Lebensspanne anhaltenden Behinderungsfolgen gehen heute durch psychische Störungen immer noch deutlich mehr produktive Lebensjahre als durch körperliche Erkrankungen verloren.

Um dieser erdrückenden Belastungsbilanz wirksamer als bisher begegnen zu können, kommt es vor allem auf drei im deutschen Gesundheitssystem voranzutreibende Entwicklungen an:

  • Das volle bisher verfügbare biopsychosoziale Behandlungsangebot muss durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit sowie die Bereitstellung und Nutzung von Leitlinien und allen geeigneten Versorgungsformen besser zugänglich werden.
  • Die Forschungs- und versorgungsorientierten Förderprogramme im deutschen Gesundheitssystem müssen stärker auf die Entwicklung und Überprüfung von neuen Therapieformen für psychische Volkskrankheiten ausgerichtet werden.
  • Die Psychiatrie muss sich zunehmend auch mit der Vorhersage und Verhinderung zukünftiger Erkrankungen beschäftigen, um ihrer therapeutischen Zielsetzung gerecht zu werden.

Ethische Fragen der psychiatrischen Therapie

Prof. Dr. Heiner Fangerau, Düsseldorf

In der Psychiatrie insinuieren Symptomatik und Diagnostik, dass betroffene Patienten nicht nur in ihrer Befindlichkeit, sondern auch in ihrer Persönlichkeit beeinträchtigt sind. Neben vielen Facetten der Ethik in der Psychiatrie stellt vor diesem Hintergrund die Frage nach dem Selbstbestimmungsrecht und der Entscheidungsfähigkeit der Patienten ein zentrales moraltheoretisches Problem dar. Kriterien, die Entscheidungsfähigkeit eines Patienten absolut zu bestimmen, sind nicht standardisiert festzulegen. Therapieentscheidungen werden in diesem Kontext oft im Spannungsfeld zwischen den Interessen von Patienten und der Gesellschaft getroffen.
Da sich die psychiatrische Praxis nicht zuletzt wegen des Autonomie-Problems von anderer medizinischer Praxis unterscheidet, scheint sie eines speziellen ethischen Kodex zu bedürfen. Im Vortrag werden verschiedene Ansätze einer solchen Ethik in der psychiatrischen Therapie vorgestellt. Fragen der Vertraulichkeit im Umgang mit Informationen, die Vulnerabilität der Patient/-innen, das Problem der Stigmatisierung, sowie Besonderheiten der Begutachtung und der forensischen Psychiatrie werden diskutiert.

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