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Workshop 3.2: Psychisch erkrankt heute - therapeutische Optionen von morgen?

Pharmakotherapie und andere körperbezogene Verfahren - Nutzen und Risiken

Prof. Dr. Peter Falkai, München

Schizophrene Psychosen haben zwar nur eine Punktprävalenz von ca. 1%, führen aber bei über der Hälfte der Betroffenen zu einer ungünstigen Prognose mit Nichterfüllung psychosozialer Ziele in Bezug auf Arbeit oder stabile Beziehung.

Ein wesentliches Problem neben einer unzureichenden Remission bereits im Rahmen der Erstmanifestation ist das hohe Risiko von Rezidiven aufgrund einer unzureichenden Medikamenten-Compliance und/oder belastenden psychosozialen Situationen.

Dem Wunsch der Patienten, wirklich wahrgenommen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Sedierung oder sexuelle Dysfunktion aber auch antizipierte Nebenwirkungen wie Organveränderung oder Hirnatrophie zu begegnen ist die Herausforderung: Eine früh einsetzende Psychoedukation bzw. Psychotherapie (CBT) in Kombination mit einer kontinuierlichen niedrigdosierten Antipsychotikatherapie verhindern bei den meisten Patienten einen Rückfall.

Wesentliche Fragen sind: Welcher Patient braucht wie lange welches Antipsychotikum in welcher Dosierung und wie können Nebenwirkungen früh antizipiert und behandelt werden? Welche Vorzüge und Nachteile haben beispielsweise nicht-invasive Gehirnstimulationstherapien?

"Via regia" Psychotherapie – diagnoseübergreifend, störungsspezifisch, oder modular?

Prof. Dr. Sabine C. Herpertz, Heidelberg

Die letzten zwei Dekaden waren geprägt von der rasanten Entwicklung störungsspezifischer psychotherapeutischer Methoden für ein breites Spektrum psychischer Erkrankungen. Mit Hilfe methodisch immer aufwendigerer randomisiert kontrollierter Studiendesigns (RCTs) wurde ihre Wirksamkeit geprüft und ihre Überlegenheit gegenüber „treatment as usual“ aufgezeigt. In den letzten Jahren häufen sich Bedenken, dass die in RCTs berechneten Effektstärken nicht auf den Versorgungsalltag übertragbar wären und sich die störungsspezifischen Therapien nicht im erwarteten Maß in der vertragsärztlichen Praxis durchgesetzt hätten. Hiermit geht einher ein „Revival“ eines transdiagnostischen psychotherapeutischen Vorgehens und einer stärkeren Betonung allgemeiner gegenüber störungsspezifischer Wirksamkeitsfaktoren. Neuere Methoden wie z.B. die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) und die Emotionsfokussierte Psychotherapie wurden primär für ein breites Spektrum psychischer Erkrankungen entwickelt oder - wie z.B. die Interpersonelle Therapie (IPT) und Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) – zunächst für eine spezifische Störung entwickelt und dann im nächsten Schritt bei einem breiteren Spektrum von Störungen zur Anwendung gebracht. Die aktuell zunehmend diskutierte Modulare Psychotherapie könnte ein Brückenschlag zwischen störungsspezifischen Psychotherapien und individualisierten transdiagnostischen Therapieansätzen darstellen. Sie setzt sich, ähnlich einem Baukastenprinzip, aus eigenständigen funktionellen Einheiten (Modulen) zusammen, die in Abhängigkeit von den Problemen, den Symptomen und zunehmend den zentralen Funktionsstörungen des jeweiligen Patienten ausgewählt werden und Anschluss gewinnen an die Erforschung allgemeiner und spezieller Krankheitsmechanismen. Es wird die Entwicklung von den schulenspezifischen Verfahren zu den störungsspezifischen Psychotherapiemethoden hin zu neuen transdiagnostischen modularen Ansätzen dargestellt.

Psychosoziale Therapien - für Wohlbefinden und ein gesundes Leben?

Prof. Dr. Wulf Rössler, Zürich

Mit dem Begriff „psychosoziale Therapien“ verbinden wir in aller Regel Hilfeleistungen für Menschen mit schwereren psychischen Erkrankungen.

Zunehmend an Bedeutung erlangen allerdings auch psychosoziale Hilfeleistungen im Vorfeld psychischer Erkrankungen, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass weite Teile der Bevölkerung auch bei manifesten psychischen Erkrankungen psychopharmakologischen Interventionen ablehnend gegenüberstehen.

In einem multifaktoriellen Modell psychischer Erkrankungen gibt es eine Reihe gesicherter Umwelteinflüsse, die auf die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Erkrankungen Einfluss nehmen, wie z.B. eine städtische Umgebung, soziale Schicht, körperlicher und seelischer Missbrauch, anderer anhaltender Stress z.B. auch am Arbeitsplatz, andere schwierige Lebenssituationen bis hin zu einer falschen Ernährung. Alle diese Faktoren sind modifizierbar und entscheidend für das weitere Wohlbefinden der Betroffenen und ihre mentale Gesundheit.

Aber auch die Vulnerabilität betroffener Menschen ist beeinflussbar, die entscheidend prä-, peri- und postnatal mitgeprägt wird. Z.B. Alkohol, Drogen, Medikamente wie auch die psychische Situation der Mutter, bestimmen die Vulnerabilität von Menschen und deren Stress Reaktivität ab ihrer Geburt mit.

Die Zuhörer sollen sensibilisiert werden, dass wir bereits heute über umfangreiche psychosoziale Massnahmenpakete verfügen, die im Vorfeld psychischer Erkrankungen, bei ihrer Entstehung und auch beim weiteren Verlauf entscheidend zum psychischen Wohlbefinden betroffener Menschen beitragen können

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